KOMMUNIKAP

KOntinuierliche, Mobile, MUltisensorische, NIchtinvasive Kontrolle und Aufbereitung von Daten zu Blutdruck, Sauerstoffsättigung, Puls und Bewegung zur Steuerung einer individuellen Pflege und Behandlung und des Medikamentenmanagements bei Pflegebedürftigen.

Motivation

Bei der medizinischen Versorgung von pflegebedürftigen Personen müssen spezifische Herausforderungen berücksichtigt werden. Zusätzlich wird die Anzahl geriatrischer, pflegebedürftiger Personen in den nächsten Jahren steigen und gleichzeitig werden immer weniger Menschen informell oder professionell für die Pflege und Versorgung dieser Personen zur Verfügung stehen. Viele dieser Patienten erhalten umfangreiche Multimedikation, die in ihren Neben- und Wechselwirkungen einen hohen Einfluss auf die kardio-pulmonale Leistung haben können. Aus diesem Grund müssen neue Technologien eingesetzt werden, um die Pflege und Versorgung zu verbessern und Risiken zu minimieren. Ein mobiles Monitoring des Gesundheitszustandes kann dies durchgängig und nicht-invasiv unterstützen.

Ziele und Vorgehen

Im Projekt KOMMUNIKAP wird ein nicht-invasives Monitoringsystem entwickelt, das die Sauerstoffsättigung, den Blutdruck, den Puls und die Bewegung von Pflegeempfängern erfasst. Dafür werden unauffällige, körpernahe Sensoren eingesetzt, die die erfassten Daten hinsichtlich typischer Probleme bei Pflegebedürftigen (z. B. Wundliegen oder Atemwegserkrankungen) analysieren und für die Behandelnden aufbereiten. Die Integration unterschiedlicher Vitalparameter und Bewegungsdaten ermöglicht dabei eine frühzeitige therapeutische Intervention. Alle Informationen des Systems stehen bei Bedarf für den direkten oder auch telemedizinischen Informationsaustausch mit dem therapeutischen Team zur Verfügung, um umfassend über den jeweiligen Gesundheitszustand zu informieren bzw. informiert zu sein.

Die Firma PAR Medizintechnik soll basierend auf der langjährigen Erfahrung in der Entwicklung und Zulassung von Medizinprodukten, eine Systemplattform für die pulsaufgelöste Blutdruckmessung entwickelt werden, welche durch ein kompaktes in Brustnähe zu tragendes Sensorsystem realisiert werden soll.

Eine Herausforderung bei diesem Projekt stellt die Ableitung, Verarbeitung und Analyse von Biosigna-len für die pulsaufgelöste Blutdruckmessung dar. Die aktuell auf dem Markt verfügbaren Geräte der Firma PAR Medizintechnik verarbeiten und analysieren den Druckpuls, der vom blutführenden Gefäß über eine Blutdruckmanschette an den Druckaufnehmer übertragen wird. Für das neue zu entwi-ckelnde Verfahren der kontinuierlichen Bestimmung des Blutdrucks ist ein optisches Signal in Form eines Photoplethysmogramm notwendig, welches den Volumenpuls darstellt. Aus diesem Grund ist die Entwicklung neuer geeigneter Algorithmen für die Blutdruckbestimmung aus Volumendaten not-wendig.

Weiterhin soll das Monitoring-Gerät als „smartes Pflaster“ konzipiert werden, welches auf der Brust des Patienten angebracht wird. Dafür sind geeignete Befestigungsmethoden zu entwickeln sowie eine Bauform zu erreichen, die dem Patienten einen angenehmen Tagekomfort ermöglicht.

Innovationen und Perspektiven

Durch eine passgenaue, schnelle Intervention werden Pflegeleistungen verbessert, mögliche langfristige Schäden frühzeitig erkannt und die Anzahl stationärer Aufenthalte verringert. Da die Pflegebedürftigen während des Monitorings mobil bleiben, unterstützt das System außerdem die häusliche Pflege.

Durch den Einsatz von KOMMUNIKAP lassen sich Veränderungen im Gesundheitszustand von Pflegeempfängern auch jenseits vordefinierter Kontexte zeitnah erkennen und ggf. behandeln. Bei den in der Regel von Multimedikation betroffenen Personen können dadurch gefährliche gesundheitsrelevante Neben- und Wechselwirkungen erkannt und langfristige Schädigungen der Gesundheit vermieden werden.

Im Gegensatz zu der im Projekt angestrebten pulsaufgelösten Blutdruckmessung, erfolgt die klassische oszillometrische Blutdruckmessung äußerlich am Oberarm oder Handgelenk und sorgt gerade bei 24h-Überwachungen, bei denen alle 15 Minuten eine Messung ausgeführt wird, für erhebliches Unbehagen bei den Patienten. Durch die Anspannung der häufigen Messungen und unruhigen Nachtschlaf, kommt es unter anderem zu Messungenauigkeiten. Eine pulsaufgelöste Blutdruckmessung erlaubt die Erkennung von kurzen Blutdruckschwankungen, welche bei den herkömmlichen Intervallmessungen nicht erfassbar sind. Solche Blutdruckspikes werden beispielsweise durch verschreibungspflichtige Medikamente wie Kortikosteriode oder Asthma-Medikamente verursacht, aber auch Erkrankungen der Nieren oder Hormonstörungen initiieren diese kurzen Spikes. Auf Dauer und ohne Behandlung führen solche kurzen Vorfälle auf Dauer zu einer Schädigung des Herz-Kreislaufsystems, der Augen und den inneren Organen. Das Verfahren für die pulsaufgelöste Blutdruckmessung basiert darauf, dass durch den Herz-schlag Blut in die Arterien ausgestoßen wird und daraufhin die Blutdruckwelle die Peripherie erreicht, welche auf optischem Wege detektiert wird. Diese Pulstransferzeit (PTT) verhält sich unter anderem indirekt proportional zur Steifheit der arteriellen Gefäße. Alle Faktoren, welche die Pulswellengeschwindigkeit (PWG) beeinflussen, verändern damit auch direkt die PTT. Neben der Muskelspannung ist die Steifheit einer der wichtigsten Faktoren zur Beeinflussung der PWG. Die PTT zeigt ebenfalls indirekte Proportionalität zum Blutdruck. Hauptfaktoren für die Bestimmung der PTT sind der Blutdruck, der Tonus der Muskulatur und die Compliance (Steifheit) der Arterien. Diese führen zu einer Absenkung der PTT aufgrund der erhöhten PWG. Die Steigerung des intrathorakalen Druckes bei Inspiration führt zu einer Senkung des Blutdrucks und somit zur Steigerung der PTT. Durch die Bestimmung der PTT lassen sich die akuten Veränderungen des Blutdrucks adäquat verfolgen. Der Zusammenhang der PTT und des Blutdrucks wurde bereits in den 70iger Jahren mehrfach in der Literatur erwähnt und die aktuelle Patentlage steht der Entwicklung eines neuen Sensorsystems nicht im Wege.

Um eine nicht-invasiv pulsaufgelöste Blutdruckmessung realisieren zu können, soll ein körpernah zu tragendes Gerät entwickelt werden was sensorisch eine Aufnahme eines Elektrokardiogramms und eines Plethysmogramms erlaubt. Dabei soll das Gerät sehr kompakt sein und in brustnähe angebracht werden. Die Elektroden werden dabei aus hygienischen Gründen als Disposable Artikel ausgeführt. Rein äußerlich wird das Gerät einem größeren Pflaster ähneln und die Daten via Bluetooth Low Energie mit dem KOMMUNIKAP-System Teilen. Ein solches Konzept eines „smarten Pflasters“ zur Bestimmung des pulsaufgelösten Blutdrucks existiert derzeit noch nicht.